Sportgeschichte in der DDR

Der Sport in der Deutschen Demokratischen Republik hat eine grundsätzlich andere Stellung als in der Bundesrepublik. In der DDR gibt es zahlreiche Sportgruppen und Sportvereine, in denen die Mitgliedschaft zumeist kostenlos oder nahezu kostenlos ist, z. B. Betriebssportgemeinschaften (BSG) und Schulsportgemeinschaften (SSG). Vom Staat offiziell und intensiv gefördert, dient der Sport in erster Linie dazu, durch Spitzenergebnisse im Leistungssport an internationalem Ansehen zu gewinnen. Die Sportförderung legt deshalb besonderen Wert auf die Unterstützung der Sportclubs, in denen sich olympische Sportarten konzentrieren.

1945 - 1949

1945

In der sowjetischen Besatzungszone entwickeln sich mit Förderung der kommunalen Verwaltung an verschiedenen Orten sportliche Aktivitäten. 1946 wird die FDJ – Freie Deutsche Jugend – gegründet, der sich die bereits bestehenden Sportgruppen der antifaschistischen Jugendausschüsse anschließen.

1947

Bis 1947 bilden sich zahlreiche Gehörlosen-Sportgruppen als eigene Sektionen in Sportgemeinschaften Hörender.

1948

Mitte des Jahres erfolgt die Überleitung des kommunalen Sports in die FDJ und den FDGB – Freier Deutscher Gewerkschaftsbund. Im Juli wird die FDJ Gehörlosengruppe „Freundschaft“ in Berlin gegründet.

1949

In der sowjetisch besetzten Zone gibt es inzwischen 29 Gehörlosen-Sportgruppen, die sich am 1. Mai zur „Arbeitsgemeinschaft der Gehörlosen-Sportgruppen im Deutschen Sportausschuss“ in Erfurt zusammenschließen. Am 22. Oktober 1949, 15 Tage nach der Gründung der DDR wird der Gehörlosensport als 19. Sparte in den Deutschen Sportausschuss aufgenommen.

1950 - 1959

Das Sportwesen der Gehörlosen in der DDR entwickelt sich, anders als in Westdeutschland, nicht in einem eigenen, unabhängigen Verband, sondern sie treiben ihren Sport seit Anfang der 50er unter dem Dach des „Versehrtensport im staatlichen Komitee für Körperkultur und Sport“. Sportler aus der DDR und der BRD nehmen an internationalen Veranstaltungen weiterhin als Gesamtdeutschland teil. Von Beginn der 50er an belebt sich das Sportwesen der Gehörlosen in der DDR, es finden zahlreiche gesamtdeutsche Meisterschaften und Wettkämpfe statt.

1950

Die Sportvereinigung „Einheit“ wird gegründet, der Gehörlosensport wird ihr zugeordnet.

Wettkämpfe im Schwimmen, Kegeln, Schach und Fußball im Rahmen des Deutschlandtreffens der FDJ.

1. Gehörlosen-Sportfest am 19. und 20. August in Magdeburg; mit Wettkämpfen im Schwimmen, Leichtathletik, Schach, Kegeln und einer kulturellen Großveranstaltung.

1951

In Königsstein/Halberstadt findet die 1. Funktionärsschulung Gehörloser statt.

Gesamtdeutsches Nachkriegstreffen gehörloser Sportler in Leipzig;

Im Jahr 1951 werden in unterschiedlichen Sparten wie Handball, Leichtathletik, Kegeln, Schach und Fußball Wettkämpfe ausgetragen.

1952

Im Gehörlosensport bilden sich so genannte Kernmannschaften in den Sparten Leichtathletik, Schwimmen und Fußball.

In Berlin treffen Gehörlose aus Ost- und Westdeutschland zum Arbeitsausschuss des Gehörlosensports zusammen, um eine Einheit im deutschen Gehörlosensport zu beraten. Der DGS und das Gehörlosenreferat die Sportvereinigung „Einheit“ gründen die „Deutsche Gehörlosen-Sportunion“ zur Förderung gesamtdeutscher Sportbeziehungen. Die Union tritt dem „CISS“ bei.

Der Gehörlosensport wird vom Referat für „Versehrtensport im Staatlichen Komitee für Körperkultur und Sport“ aufgenommen. Auf Anordnung des Versehrtenreferats bildet der Gehörlosensport eine zentrale Kommission auf ehrenamtlicher Basis.

1. DDR Schacheinzelmeisterschaften in Königsstein

1953

Gründung der Sektion Versehrtensport;

78 Sportler aus der DDR nehmen am 8. Deutschen Gehörlosen-Sportfest in Köln teil.

Im Wintersport und Tischtennis werden erste Wettkämpfe ausgetragen.

1954

Die Spitzenfunktionäre des Versehrtensports treffen zusammen um die Zusammenarbeit der drei Säulen – Körperbehinderte, Blinde und Gehörlose – in gleichberechtigter Form neu zu regeln. Der Vorsitz setzt sich zukünftig aus je einem Vertreter der drei Säulen zusammen.

Gesamtdeutsche Fußballmeisterschaften in München, Karl Marx Stadt (Chemnitz) unterliegt München im Finale mit 1:2 in der Verlängerung.

Leichtathletik Länderkampf zwischen Gesamtdeutschland und Polen in Berlin;

Teilnahme der ostdeutschen gehörlosen Schwimmer am internationalen Schwimmfest in Hamburg.

1955

Auf der Tagung der Sektion „Versehrtensport“ werden die Zuständigkeitsbereiche der einzelnen Fachbereiche und deren Vorsitzender festgelegt, Ende des Jahres wird eine „Gesamtdeutsche Vereinbarung“ zwischen den Vertretern vom ostdeutschen und westdeutschen Versehrtensport verabschiedet.

Fußball Länderspiel CSSR vs. DDR in Gottwaldo, CSSR; die Auswahl der DDR gewinnt mit 1:0.

9. Deutsches Gehörlosen Sportfest in München, aus der DDR nehmen 14 Schwimmer und 9 Leichtathleten teil.

1958

‚Gehörlosen Schachweltmeisterschaft’ der Männer in London, England. Gesamtdeutschland, vertreten durch einen Spieler aus der BRD und zwei Spielern aus der DDR wird Mannschaftsweltmeister.

Schwimm-Länderkampf Polen vs. DDR in Warschau, Polen;

1959

Der damalige Präsident des CISS, J. P. Nielsen aus Dänemark, ist zu Gast auf dem 3. Deutschen Turn- und Sportfest in Leipzig.

1960 - 1969

Die offene Staatsgrenze der DDR nach Westberlin wird militärisch geschlossen, als Folge davon beschließt die Regierung der BRD 1961 in Düsseldorf, den gemeinsamen Sportbetrieb beider deutscher Staaten zu beenden. Ende der 60ger Jahre treten gehörlose deutsche Sportler und Sportlerinnen aus der DDR und BRD unter getrennter Flagge im internationalen Wettkampfgeschehen an.

1961

Ein letztes Mal nimmt Deutschland als Gesamtdelegation an den 9. Sommer Weltspielen der Gehörlosen in Helsinki, Finnland teil.

1962

Im Juni sollen die Mannschaftsweltmeisterschaften im Schach in Dänemark stattfinden. Den Spielern aus der DDR wird die Einreise verweigert. Trotz Intervention des Schachweltverbandes der Gehörlosen, ICSC – International Committee of Silent Chess –, halten die dänischen Behörden an dieser Entscheidung fest, der Weltverband bricht die Vorbereitungen für die Meisterschaften ab.

1. GL-Spartakiade des DVfV in Leipzig – Sportforum mit Wettkämpfen im Schwimmen, Schach, Leichtathletik, Faustball und Motorsport.

Im Oktober desselben Jahres finden die Mannschaftsweltmeisterschaften im Schach mit der Teilnahme der Spieler aus der DDR in Warna, Bulgarien statt, die DDR belegt Platz 4.

1963

Allein im Jahr 1963 finden in den Sportarten Schwimmen, Wasserball, Leichtathletik, Fußball, Schach, Kegeln und Faustball insgesamt 15 Wettkämpfe und Meisterschaften statt.

1964

Im Ostseebad Kühlungsborn findet der 7. ICSC Kongress statt, der Verband hat mittlerweile 16 Mitgliedsländer.

1965

In Geising im Erzgebirge findet das ‚Offene Wintersportfest’ für Gehörlose und Körperbehinderte statt.

1966

Erneut wird das gemeinsame Wintersportfest Gehörloser und Körperbehinderter in Geising ausgerichtet.

An den 5. Mannschaftsweltmeisterschaften im Schach in Leksand, Schweden nehmen aus die Spieler aus der DDR teil und belegen den 4. Platz.

1967

In Stockholm, Schweden werden die 1. Schwimmeuropameisterschaften der Gehörlosen ausgetragen. Die Schwimmer aus der DDR belegen mit 2 x Silber und 2 x Bronze den 3. Platz in der Nationenwertung.

1968

Einzelweltmeisterschaften im Schach in Budapest, Ungarn mit der Teilnahme eines Vertreters aus der DDR;

In Mexiko City beschließt das IOC die Anerkennung der olympischen Mannschaft der DDR als gleichberechtigt. Die DDR nimmt in Folge unter eigener Flagge, Symbolik und Hymne an den Olympischen Spielen teil.

1969

Im August werden in Belgrad, Jugoslawien die 11. Sommer Weltspiele ausgerichtet, erstmals treten West- und Ostdeutschland unter getrennter Flagge gegeneinander an. Die DDR holt 3 Gold-, 2 Silber- und 3 Bronzemedaillen.

1970 - 1979

Auch in den 70ern erfährt der Gehörlosensport in der DDR rege Teilnahme und Zuwachs. Die Teilnahme an internationalen Turnieren und Wettkämpfen in den Ländern hinter dem ‚Eisernen Vorhang’ wie Polen, Tschechoslowakei, Bulgarien, Ungarn und Rumänien findet regelmäßig statt.

Außerhalb der sozialistischen Länder bildet die Teilnahme an Schachweltmeisterschaften und den Weltspielen eine Ausnahme. Als die Gehörlosen beginnen, im gesamteuropäischen Raum Europameisterschaften in den unterschiedlichen Sportarten auszutragen, sind Sportler aus der DDR vereinzelt vertreten.

1970

Bei den Mannschaftsweltmeisterschaften im Schach in Turku, Finnland belegt die Mannschaft aus der DDR den 5. Platz.

1972

Die DDR selber richtet die 5. Einzelweltmeisterschaften im Schach in Leipzig aus.

1973

Bei den 12. Weltspielen der Gehörlosen in Malmö, Schweden holt die DDR 2 x Gold, 3 x Silber und 2 x Bronze.

1974

Bei der 7. Mannschaftsweltmeisterschaft im Schach in Frederica, Dänemark gibt es keine Schwierigkeiten bei der Einreise der DDR Spieler, die DDR wird Vizeweltmeister.

1975

Die Spieler aus der DDR holen sich den Meistertitel im Herrendoppel bei der 3. Tischtenniseuropameisterschaft in Bukarest, Rumänien.

1977

Bei den 13. Sommer Weltspielen in Bukarest, Rumänien holt die 18köpfige Mannschaft aus der DDR 5 Medaillen.

1978

In Westdeutschland in Oberstdorf nimmt die DDR an den Mannschaftsweltmeisterschaften im Schach teil und belegt Platz 6.

1979

In Brüssel, Belgien findet die 4. Tischtenniseuropameisterschaft statt. Die Spieler aus der DDR holen Gold im gemischten Doppel, Silber im Herrendoppel und Bronze im Mannschaftswettkampf der Herren.

1980 - 1989

1980

Der Höhepunkt in den 80ern sind die 14. Sommerweltspiele in Köln mit 1.500 Aktiven aus 35 Ländern. Die DDR entsendet Sportler im Tischtennis und der Leichtathletik und kommt mit je 1 x Gold, Silber und Bronze nach Hause.

1983

1. ICSC Fernschachweltmeisterschaften der Gehörlosen, Frank Brewig aus der DDR wird 1. Fernschachmeister.

1986

Es kommt zu einer Vereinbarung zwischen dem DTSB der DDR und dem DSB der BRD und eine Delegation aus der DDR nimmt am Internationalen Leichtathletik Meeting in Bremen teil.

1987

Die Spieler aus der DDR holen bei der 5. Tischtenniseuropameisterschaft 5 x Bronze.

1988

Zum 2. Mal nimmt die DDR am Internationalen Leichtathletik Meeting teil. In Trier holen die Athleten 5 x Silber und 3 x Bronze.

1989

Kurz vor dem ‚Mauerfall’, im Juli 1989 gewinnen die DDR Athleten beim Internationalen Leichtathletik Meeting in Hildesheim 2 x Gold, 5 x Silber und 2 x Bronze.

1990

1990

Der DVfV der DDR Sportgruppe – Bereich Hörgeschädigte – unter Leitung von Heinz Meurer erklärt den Austritt aus dem DVfV.

Am 3.2.1990 wurde im Freizeitkomplex des Berliner Sporthotels der „Deutsche Gehörlosen-Sportverband der DDR“ gegründet. Präsident wurde Heinz Meurer.

10. November 1990 Vereinigung der Ost- und West-Berliner Gehörlosen-Sportverbände. Der Ostverband löst sich auf. Der Gehörlosen-Sportverband Berlin (West-Berlin) ändert seinen Namen „Gehörlosen-Sportverband Berlin-Brandenburg e.V.“

Der 3. Oktober 1990 ist das offizielle Datum der Wiedervereinigung beider Teile Deutschlands. Die Überleitung der Sportverbände in die Sportorganisationen der BRD beginnt, der „Deutsche Gehörlosen-Sportverband der DDR“ löst sich auf und die fünf Bundesländer treten am 3. Februar 1991 in Braunschweig dem Deutschen Gehörlosen-Sportverband bei.